Aus dem Physio-Alltag…

Vorschautext: 5 Uhr morgens, der Wecker klingelt. Bis der Hund versorgt ist, ich gefrühstückt habe und ich beim ersten Kunden bin ist es halb acht. Mit wird ein Reitpony vorgestellt. Ein erst dreijähriger Wallach mit einer deutlich zu steilen Hinterhand. Fünf Tage pro Woche ist er im Beritt, die restlichen Tage geht der Besitzer ausreiten. Ich werde gefragt wie ich es mir erklären kann, dass das Pferd nicht weiter aufmuskelt. Ich erkläre Zusammenhänge zwischen Trainingsreizen und Trainingspausen und versuche ein Verständnis dafür zu schaffen, dass ein dreijähriges Pferd eigentlich noch ein Kind ist.
Textinhalt: Als ich vom Hof fahre bin ich mir trotzdem nicht ganz sicher, ob meine Worte angekommen sind und ob sie umgesetzt werden. Weiter geht es zu einer Shettystute. Die hoffentlich werdende Mama kommt gerade frisch vom Hengst und soll einmal durchgecheckt werden. Brummelnd begrüßt mich die Kleine und genießt meine Behandlung während ich das Becken wieder gerade richte und das Zwerchfell löse. Währenddessen erzählt die kleine Tochter der Besitzerin völlig begeistert von ihrem Shetty. Von Kutschfahrten und Fahrradtouren, von baden im See und gemeinsamem Picknick. Ich bin mir sicher: Hier wächst ein toller Pferdemensch mit ganz viel Liebe fürs Tier heran. Weiter geht es zu einer Sportpony-Stute. Ihr Versuch durch den Zaun zu gehen war gescheitert, trotzdem rief mich die Besitzerin an, weil das Pferd seitdem tickert. Der zweite Lendenwirbel ist deutlich rotiert, was die zarte Stute deutlich im durchschwingen behindert. Wie schade es doch ist, dass damit die Turniersaison zuende ist, sagt die Besitzerin und klopft ihrem dösenden Pferd liebevoll den Hals. Erstaunt schaue ich sie an. „Wieso?“ Eine frische „Blockade“ macht weitaus weniger Probleme als eine bereits lange bestehende Läsion. Das Pferd bekommt drei Tage reitfrei verschrieben, dann darf wieder trainiert werden. Und wenn es gut läuft ist auch gegen Prüfungen danach nichts einzuwenden.

Mein nächster Patient hat vier Pfoten und ein dickes Fell. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn stillhalten und in sich entspannen sind nicht die Stärken dieses Hundes. Umso schöner, dass er sich dennoch nach einer kleinen Weile entspannt hinlegt und beginnt in sich hinein zu horchen.

Mein letzter Termin bringt mich zu einem „Montags-Pferd“. Magengeschwüre in Kombination mit einer Stoffwechselerkrankung machen ihm das Leben schwer, außerdem tickert er immer wieder deutlich. Schnell wird klar, dass das Pferd völlig übersäuert ist und die vermeintliche Lahmheit eine Schmerzhaftigkeit aufgrund verklebter und übersäuerter Muskulatur und überfülltem Gewebe ist. Massagetechniken schaffen erste Abhilfe, während das Magnetfeldgerät seinen Dienst tut, bespreche ich mit der Besitzerin die weitere Strategie. Eine halbe Stunde später haben wir einen Plan geschmiedet und das Pferd wird mit wohligem schnauben auf die Koppel entlassen.

Mein Terminkalender ist abgearbeitet, nun geht es ab in den Stall zu meinem Pony. Schon der erste Blick sagt mir: „Hier stimmt etwas nicht“. Es hat geregnet, die Decke ist zerrissen und durchgeweicht. Das Pony darunter kalt und völlig verspannt. Ich hole den kleinen Patienten von der Koppel und grinse, denn diese Aktion ist einfach typisch für mein Pony. Als würde er sagen „jetzt bin ich mal an der Reihe mit Wellness“. Ich löse Zwerchfell und Faszien, dehne und massiere und schon kurz darauf schnaubt das Pony entspannt ab. Er ist wieder zufrieden und ich habe wieder ein „heiles“ Pony. Win-Win für beide – nur einer der Gründe warum ich meinen Job so sehr liebe!

Das letzte Quäntchen…

Vorschautext: Immer wieder bin ich mit Reitern und Pferdebesitzern im Gespräch, die ihre Pferde wirklich gut „in Schuss“ haben. Diese Pferde werden leistungsgerecht trainiert, bekommen entsprechende Pausen, werden regelmäßig durchgecheckt und leben in einer artgerechten Haltung. Aber immer häufiger erlebe ich es, dass Reiter und Pferde trotzdem an Grenzen stoßen. Aber woran liegt das?
Textinhalt: Von der einstigen Aufgabe des Pferdes als Arbeitstier sind wir mittlerweile weit entfernt. Unsere Pferde sind teils hochspezialisierte Sportler geworden, die gezielt auf ihren bestimmten Einsatzbereich vorbereitet werden. Rund um diesen Einsatzbereich wird das Training gelegt, das möglichst abwechslungsreich sein sollte. Und auch wenn immer mehr Menschen einen immer größeren Wert auf vielseitiges Training legen, ist hier noch zu wenig „Kreativität“ und Mut im Spiel, um sich mal an etwas ganz anderes heranzutrauen.

Ein vielseitig trainiertes Springpferd wird neben dem Springtraining in der Dressur gearbeitet, macht ein bisschen Stangengymnastik und darf zwischendurch mal freispringen. So weit so richtig, aber alle diese Trainingseinheiten finden im „Themenkreis Springreiten“ statt. Eine Förderung der Trittsicherheit, gezielte Nervenstärke oder „Denkarbeit“ wie sie zum Beispiel in der Working Equitation oder im Trail gefordert werden, gehören nicht zu diesem Themenkreis und werden deshalb auch kaum mit ins Training genommen. Anders herum gestaltet sich der Bereich des Westernreitens zwar auf den ersten Blick recht vielseitig, jedoch ist auch hier schnell eine massive Spezialisierung von Pferd und Reiter zu spüren.

Das letzte Quäntchen kann also vieles sein. Ein Quäntchen mehr Mut, mehr Selbstbewusstsein, mehr Rückentätigkeit, mehr Muskelkraft, mehr Vorwärtsdrang, mehr Versammlung oder, oder, oder. Dieses letzte Quäntchen lässt sich oft nicht im eigenen Themenkreis trainieren. Hier lohnt der Blick über den Tellerrand und auch mal der vom Profi begleitete „Ausflug“ in eine ganz andere Sparte des Pferdesports. Natürlich immer mit Bedacht und nie auf Krampf. Wer aber mit Spaß an der Sache einfach mal in die große Welt des Pferdesports hineinschnuppert, kann sich und seinem Pferd nicht nur Trainingsmomente der ganz besonderen Art bescheren, sondern auf Dauer den Spaß an der Arbeit erhalten und das Vertrauensverhältnis fördern.

Die Skala der Ausbildung

Vorschautext: Alter Zopf oder trainingsphysiologisch sinnvoll? Die Skala der Ausbildung ist das Herzstück der klassischen Reitlehre und der Leitfaden des Ausbildungsweges des Pferdes. Allerdings ist dieser Leitfaden aus dem Jahr 1937 und damit gut 80 Jahre alt. Ist es also möglich, ihn in ein modernes Trainingssystem zu übertragen und die einzelnen Punkte als Schritte in der Ausbildung transparenter zu machen?
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Textinhalt: Der erste Schritt auf dem Weg zum Reitpferd muss ein physiologisch gut funktionierendes Bewegungsmuster in allen drei Grundgangarten sein. In der Skala der Ausbildung würde das dem Punkt „Anlehnung in Dehnungshaltung“ entsprechen. Diese Art von Training ermöglicht dem Pferd eine große Stabilität durch Faszienspannung. Es entsteht ein individueller Takt durch den Katapulteffekt der Sehnen. Schon jetzt ist es wichtig, mit geraderichtender Arbeit zu beginnen, weil so nach und nach gesunde Bewegungsmuster erarbeitet werden. Auf dem Zirkel entsteht eine ungleichmäßige Belastung, da die innere Körperhälfte vermehrt arbeitet und daher bereits hier muskulär gearbeitet werden muss. Auf der Innenseite ist in diesem Moment also weniger Faszienspannung vorhanden, die Kraft muss muskulär aufgebracht werden und muss dafür sorgen, dass beide Hintergliedmaßen gleichmäßig arbeiten, um die Vorhand zu schützen.

Im nächsten Schritt geht es um die funktionellen Leistungen, also um sportartspezifische Grundlagen. Durch die Beizäumung findet eine Entkopplung der Haltearbeit durch die Faszien statt. Was vorher durch die Faszien für das Pferd ohne Kraftaufwand gehalten wurde, muss jetzt muskulär getragen werden. Durch vermehrte Muskelarbeit wächst die Muskulatur. Der Takt rhythmisiert sich weiter, er bleibt nun auch in engeren Wendungen erhalten. Die Hinterhand bekommt langsam immer mehr Kraft, es entwickelt sich die Schubkraft. Das macht die geraderichtende Arbeit besonders wichtig, da die Schubkraft der Hinterhand unbedingt gleichmäßig sein soll! Jetzt ist es möglich, das Training auch kurz in den Sympathikustonus, also den „Kampf- und Fluchtmodus“, zu bringen, auf eine Rückführung in den Parasympathikustonus (Erholungs- und Regenerationsmodus) ist aber immer unbedingt zu achten!

Schritt 3 entspricht dem Training der sportartspezifischen Anforderungen an das Pferd. Mit einem Springpferd wird hier also die Sprungkraft trainiert, mit einem Distanzpferd die Ausdauer und mit einem Dressurpferd die Tragkraft. Zu beachten ist hier jedoch, dass das Erarbeiten der Versammlung für reine Spring-, Distanz- oder Freizeitpferde oft kontraproduktiv ist, da die benötigten Fähigkeiten wie Sprung- oder Schnellkraft zugungsten der Tragkraft abgebaut werden. Für die korrekte und physiologisch sinnvolle Versammlung des Pferdes braucht es viel Wissen, um nicht mehr zu schaden als zu helfen. Das heißt keinesfalls, dass ein Spring-, Distanz- oder Freizeitpferd nicht dressurmäßig gearbeitet werden sollte – ganz im Gegenteil! Hier ist allerdings nicht die Versammlung das Zauberwort, sondern eher die Arbeit an der Durchlässigkeit und das Feintuning an den benötigten technischen Fähigkeiten.

Wir sehen also deutlich, dass sich das moderne Pferdetraining zwar verändert hat und nicht mehr starr auf der Skala der Ausbildung beruht. Die Grundlagen bleiben jedoch die gleichen und so ist es eindeutig möglich, die Skala der Ausbildung in ein modernes Trainingssystem zu übertragen.

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